Chefarzt als leitender Angestellter

Auseinandersetzungen zwischen Klinikträgern und Chefärzten gehören zu den am meisten belastenden arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen im Krankenhausalltag. Kommt es zu Differenzen zwischen Klinikleitung und Chefarzt, so wird häufig eine Trennung nicht vermeidbar sein. Dabei sind die inhaltlichen Differenzen häufig nicht so gravierend, als dass eine verschuldensabhängige verhaltensbedingte Kündigung gegenüber dem Chefarzt ausgesprochen werden kann.

Zusätzlich werden derartige Streitigkeiten dadurch belastet, dass in aller Regel vor Ausspruch einer Kündigung keine Abmahnungen ausgesprochen wurden, was einerseits in einer Geschäfts- und Kommunikationsebene wie zwischen Klinikgeschäftsführung und Chefarzt nicht angebracht ist, von der Arbeitsgerichtbarkeit im Rahmen von Kündigungsschutzprozessen aber gleichwohl generell gefordert wird.

Rein formale Stellung reicht nicht

In einer derartigen Situation bleibt dem Krankenhausträger häufig nur der Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung. Dieser Auflösungsantrag gem. §§ 9, 10 KSchG ist aber – abgesehen von schuldhaften Fehlverhaltensweisen des Arbeitnehmers während des Kündigungsschutzrechtsstreits – nur dann erfolgreich, wenn der jeweilige Chefarzt „leitender Angestellter“ im Sinne von § 14 Abs. 2 KSchG ist. Hieran scheitert der Auflösungsantrag in aller Regel.

Die den Chefärzten in den üblichen Chefarztverträgen (vgl. bspw. DKG-Mustervertrag) eingeräumte Personalkompetenz reicht in aller Regel nicht dazu, den Chefarzt als leitender Angestellter im Sinne von § 14 Abs. 2 KSchG anzusehen, da die in den Verträgen üblicherweise zugestandene Personalkompetenz nicht weitgehend genug ist.

So hat das Bundesarbeitsgericht in zwei Entscheidungen aus jüngerer Zeit (Urt. v. 10.10.2007 – 7 ABR 61/06 und vom 05.05.2010 – 7 ABR 97/08) seine Rechtsprechung bestätigt, wonach die rein formale Stellung als Chefarzt nicht genügt, ihn als leitenden Angestellten zu behandeln und die Personalkompetenz für den engeren Kreis von nachgeordneten Mitarbeitern regelmäßig für die Annahme eines leitenden Angestellten nicht ausreichend sei.

Chefarzt als leitender Angestellter muss Budgetverantwortung für Personal haben

Unter Anwendung der vom Bundesarbeitsgericht entwickelten Grundsätze hat das Arbeitsgericht Freiburg nun in einem von uns geführten Verfahren den Status eines Chefarztes als leitenden Angestellten bestätigt und unserem Auflösungsantrag damit stattgegeben. In dem von uns geführten Verfahren ging es um den Chefarzt eines Akutkrankenhauses, der nicht nur die Personalverantwortung für seine nachgeordneten Ärzte hatte, sondern dem gleichzeitig die Koordination des OP sowie des gesamten im OP tätigen nichtärztlichen Personal zugewiesen worden war.

In diesem Zusammenhang hat das Arbeitsgericht nicht in erster Linie darauf abgestellt, ob und ggf. welche Arbeitsverträge der Chefarzt selbst unterzeichnet, Beendigungsregelungen selbständig abgeschlossen oder Kündigungen ausgesprochen hat.

Entscheidend war für das Arbeitsgericht neben der Personalkompetenz des Chefarztes vor allem der Umstand, dass er durch seine koordinatorische Tätigkeit im OP als der zentralen Schaltstelle des Akutkrankenhauses in wesentlichem Umfang unternehmerische Entscheidungen mit getroffen und getragen hatte. (Arbeitsgericht Freiburg, Urt. v. 10.09.2013 – 2 Ca 216/13).

Im Berufungsverfahren wurde der Rechtsstreit verglichen, nachdem das Landesarbeitsgericht selbst bei einem derartigen Umfang an Personalkompetenz Zweifel am Status des Chefarztes als leitender Angestellter geäußert hatte.

(Arbeitsgericht Freiburg, Urt. v. 10.09.2013 – 2 Ca 216/13).