Arztbriefe – wann muss der Arzt berichtigen?

Häufig, insbesondere bei psychiatrischen oder psychosomatischen Diagnosen, fordern Patienten den Arzt auf, Arztbriefe, Epikrisen oder Entlassberichte zu korrigieren und Befunde, Begleitbefunde oder sonstige Feststellungen, insbesondere aus der Sozialanamnese zu entfernen.

Auf eine derartige nachträgliche Korrektur des Arztbriefes hat der Patient nur dann und insoweit Anspruch, als der Arztbrief unwahre oder beleidigende Inhalte enthält. Dies hat jüngst das OLG München in der nachfolgend geschilderten Entscheidung festgestellt. Arztbriefe sind Teile der Patientendokumentation. Der Arzt würde gegen seine berufs- und zivilrechtliche Dokumentationspflicht (§ 630 f BGB) verstoßen, wenn er nachträglich Befunde, Arztbriefe oder Entlassungberichte verändert.

Nach der von uns vertretenen Auffassung (vom OLG München in der Entscheidung offen gelassen) hat der Patient selbst im Falle eines unwahren oder beleidigenden Inhalts keinen Anspruch auf Korrektur des ursprünglichen Berichtes sondern nur dahingehend, dass ein entsprechender, korrigierender Nachtrag gefertigt wird, weil nur auf diese Weise sichergestellt und dokumentiert ist, dass eine nachträgliche Korrektur einer Feststellung vorgenommen wurde.

OLG München, Beschluss vom 16. Juli 2019/ 26. August 2019 24 U 2814/19

aus den Gründen des Hinweisbeschlusses vom 16. Juli 2019:

„Der Arzt oder die behandelnde Klinik ist aufgrund des Behandlungsvertrages verpflichtet, zum Zweck der Dokumentation eine Patientenakte zu führen, § 630 f Abs. 1 S. 1 BGB. In der Patientenakte sind sämtliche aus fachlicher Sicht für die derzeitige und künftige Behandlung wesentlichen Maßnahmen und die Ergebnisse aufzuzeichnen, insbesondere die Anamnese, Diagnosen, Untersuchungen, Untersuchungsergebnisse, Befunde, Therapien und ihre Wirkungen, Eingriffe und ihre Wirkungen, Einwilligungen und Aufklärungen, § 630 f Abs. 2 S. 1 BGB. In diesem Zusammenhang erwähnt § 630 f Abs. 2 S. 2 BGB auch Arztbriefe, die in die Patientenakte aufzunehmen sind.

Der Arztbrief (oder Arztbericht) dient dazu, die durchgeführten Befunderhebungen und Behandlungsmaßnahmen sowie ihre Auswirkungen zu dokumentieren und so etwaigen Nachbehandlern mitzuteilen, wie und mit welchem Ergebnis ein Patient behandelt worden ist. Auf dieser Grundlage können Nachbehandler einschätzen, welch weiterer Behandlungsbedarf gegeben ist und ob beispielsweise konservative Maßnahmen bereits ausgeschöpft worden sind (OLG Koblenz, Beschluss vom 08. Januar 2018 – 5 U 1184/17 –, Rn. 11 bei juris, VersR 2018, 613). Damit besteht grundsätzlich ein Anspruch des Patienten auf Anfertigung eines Arztbriefes.

Ein Anspruch auf Abänderung oder Korrektur eines Arztbriefes ist gesetzlich nicht geregelt. § 630 f Abs. 1 S. 2 BGB schränkt den Arzt in der Möglichkeit ein, Berichtigungen und Änderungen der Patientenakte vorzunehmen; diese sind nur zulässig, wenn neben dem ursprünglichen Inhalt erkennbar bleibt, wann sie vorgenommen worden sind. Ein Anspruch auf Berichtigungen und Änderungen der Patientenakte ist dagegen weder gesetzlich in den §§ 630 a ff BGB noch standesrechtlich in § 10 der Berufsordnung für die Ärzte Bayerns (Bekanntmachung vom 09. Januar 2012) geregelt.“

Literaturnachweise

Ulrich Gruler, GuP 2019, 233-234 (Anmerkung)